Privat-Spionage 2.0: Illegale Handywanzen erfüllen die gemeinsten Träume jedes Stalkers

Hast du schon mal von Spionage-Apps fürs Smartphone gehört? Falls nicht: Diese gemeinen Helfer zur Überwachung von Personen, deren Messages, Standorte u. v. m. werden bei geborenen Stalkern immer beliebter. Allerdings handelt es sich bei den im wahrsten Sinne des Wortes bösartigen Spionen mit Namen wie mSpy oder FlexiSpy um verbotene Machwerke meist dubioser Firmen.

Mal eben schnell checken, was die Ex so tut? Oder das verschwiegene Teenager-Kind verfolgen? Oder dem untreuen Ehemann einen Detektiv auf den Hals hetzen? Wer von uns hat noch nie daran gedacht, wie praktisch kleine Mobil-Spione wären – Schutz der Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte hin oder her. Heutzutage ist eine umfassende Überwachung von Personen auch im Privatbereich technisch überhaupt kein Problem mehr. Dafür sorgen diverse Spionage-Apps, die frei am Markt erhältlich sind. Aber: Sie sind verboten (und zudem wirklich niederträchtig dem Verfolgten gegenüber)!

Mehr Männer als Frauen unter den Stalkern

Dass viele Menschen trotz allem gerne gewisse Menschen in ihrem Umfeld überwachen möchten, zeigt sich an den Verkaufszahlen jener Firmen, die Privat-Spionage zum Geschäftsmodell erhoben haben. Vervata aus Thailand beispielsweise weiß ganz genau, was die Kundschaft wünscht: Einfach mal 200 US-Dollar überweisen und schon hast du mit der FlexiSpy-Trojaner-App drei Monate persönliche „Spionage-Zeit“ gekauft – Vervata verspricht die „lautlose“ Überwachung „aller Unterhaltungen, Standorte, und Nutzerverhalten eines Smartphones von sämtlichen Webbrowsern“. Noch dazu ganz unkompliziert, denn die Bedienung soll laut Hersteller einfach sein. Thailand ist Thailand – aber wie sieht es denn in Deutschland aus? Auch dein Kollege etc. könnte zur Kundschaft von Vervata zählen, über 1.000 Deutschen sollen die App nutzen – darunter Kunden aus verschiedensten Branchen, vorwiegend Männer. Aber auch Frauen sind beim Spionieren 2.0 fleißig mit dabei, ein Drittel der deutschen Vervata-Kunden sollen Frauen sein. Das konnte das Magazin Vice anhand von geleakten Vervata-Daten herausfinden.

1.000 Vervata-Kunden in Deutschland, Gesamtzahl unklar

Da Vervata zwar einer der ersten aber natürlich nicht der einzige Anbieter am Markt ist, sind diese 1.000 Kunden noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Wie viele Handywanzen-Fans es hierzulande gibt, weiß man allerdings nicht. Ein starker Mitbewerber des Thai-Unternehmens kommt aus Amerika, My Spy lockt bei seiner App mSpy mit einem halb so hohen Preis für dieselbe Zeit und ähnliche Funktionen wie FlexiSpy. Das Magazin „c’t“ hat die beiden Anbieter genauer unter die Lupe genommen – was ist wirklich dran an der Überwachung per Spionage-App?

Smartphone muss physisch verfügbar und entsperrt sein

Um loszustarten solltest du der englischen Sprache einigermaßen mächtig sein, großteils sind die Infos auf den Seiten beider Anbieter in Englisch gehalten, manche in sehr schlecht übersetztem Deutsch. Wenn dann Bezahlung und Erwerb der Lizenz geklappt haben, musst du dir natürlich das auszuspionierende Handy schnappen – da fängt das Unrecht dann eigentlich schon richtig an. Außerdem musst du das Gerät entsperren können, bei einem iPhone ist darüber hinaus entweder ein Jailbreak notwendig oder die Software wird über das iCloud-Backup installiert. Auch hier heißt es: Du musst diverse Nutzerdaten deines Opfers kennen. Wie du dann genau vorgehst, um die Wanze zu aktivieren und etwaige Sicherheitsvorkehrungen zu deaktivieren, erklärt dir der Anbieter in einer detaillierten Anleitung. Schließlich wollen der Stalker bzw. seine Wanze nicht unbedingt entdeckt werden.

Standorte, Kommunikation, Apps: Die Handywanze weiß ALLES

Und dann ist das Spionage-Opfer auch schon in der kompletten Überwachung gefangen, es werden laufend Daten geliefert: Bilder, Videos, Termine aus dem Kalender, Kontakte, SMS etc. Wenn die Handywanzen Rootrechte haben, bietet sich dem Spion aber eine noch viel größere Bandbreite an Möglichkeiten: Kommunikation via Facebook, Snapchat, WhatsApp und Co kann in Echtzeit! mitverfolgt werden, ein Keylogger hält jeden Anschlag fest. Ach ja: In Sachen „eifersüchtiger Ex“ kann der Trojaner auch mit Tinder-Tracking aufwarten … Wer ein bisschen mehr Geld hinlegt erhält noch die Möglichkeit, live bei Telefonaten dabei zu sein bzw. die Umgebung des Opfers abzuhören. Wirklich unglaublich, oder? Alleine die Zeit, die beim Sichten dieser ganzen Infos draufgeht …

Stalker fühlen sich nicht schuldig: „Ist doch normal.“

Apps und Nachrichten sind das eine. Aber die totale Überwachung muss natürlich auch das echte, physische Tracking beinhalten. So bieten mSpy und FlexiSpy Bewegungshistorien und sogar die Bestimmung einzelner Gebiete, bei denen die App Alarm schlägt, wenn sich das Opfer dort aufhält.

Wenn du dich jetzt fragst, was das für Menschen sind, die solche Mittel ergreifen, hat Vice eine Antwort darauf: Im Zuge seiner Ermittlungen hat das Magazin tatsächlich auch mit Usern Kontakt aufgenommen. Es handelt sich dabei um absolute Stalker, die sich überhaupt nicht um Gesetze scheren und sich im Recht sehen: „Ist doch normal, ein Mann will eben manchmal einfach wissen, was seine Frau macht“, sagte beispielsweise einer der Befragten, der tatsächlich 3 Monate lang live „dabei war“, was auch immer seine Frau tat.

Ausnahme: Teilweise Überwachung bei den eigenen Kindern erlaubt

Eine solche Überwachung ist natürlich bei uns gottseidank verboten, wenn nicht vom Opfer „gewünscht“. Im privaten Beziehungsbereich also ein No Go, aber auch Mitarbeiter dürfen nicht ausspioniert werden – das ist nur dann erlaubt, wenn z. B. ein dringender Verdacht auf eine Straftat besteht. Eine kleine Ausnahme gibt es bei Kindern: Eltern ist es nämlich schon gestattet, eine derartige App auf dem Handy ihrer Kinder zu installieren – die „elterliche Sorgfaltspflicht“ aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, Paragrafen 1626 und 1631, erlaubt einen Eingriff in die Privatsphäre von (eigenen!) Kindern. Sobald weitere Personen involviert sind, ist es mit dieser Erlaubnis aber auch schon wieder vorbei. Und auch das steigende Alter des Kindes spielt eine Rolle.

Verrate niemals & niemandem deine Zugangsdaten!

Wir wollen ja mal nicht hoffen, dass du in deiner Umgebung prädestinierte Stalker hast, die zu derartigen Mitteln greifen würden. Aber besser, du gehst auf Nummer sicher: Wie oben bereits erwähnt, muss der Stalker an bzw. in dein Smartphone gelangen, um die Wanze zu platzieren. Davon musst du ihn also erfolgreich abhalten. Verrate niemals deine PINs und Passwörter – niemandem! Dazu gehören auch Freunde, Lebenspartner etc. Optimalerweise verwendest du deinen Fingerabdruck als Sicherung, außerdem eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. So praktisch dir Wischen vorkommen mag, es ist absolut unsicher, weil leicht beobachtbar. Solltest du trotz allem Opfer eines solchen Stalkings werden, musst du die Spionage nachweisen – auch nicht gerade angenehm. Deswegen sind laut Polizei die Dunkelziffern sicher hoch, aber tatsächliche Anzeigen gibt es eigentlich kaum.

Quelle: heise – c’t Magazin


Erstellt am: 25. August 2018

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